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Tourenplanung/-optimierung
Transportmanagement

Montag, 07. Oktober 2019

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Status quo Automatisierte Tourenoptimierung: Die Unterschiede sind erheblich!

… und entscheiden über Erfolg oder Misserfolg Ihrer Investition.

Können Sie bei der Auswahl eines Transport Management Systems (TMS) für den Landverkehr das Thema automatisierte Tourenoptimierung aussparen, da diese Funktion so oder so in jeder TMS-Lösung angeboten wird? Keinesfalls. Die Unterschiede der einzelnen Lösungen sind erheblich und haben maßgeblichen Einfluss auf den ROI Ihrer Investition. Wir erklären die verschiedenen Arten von Automatisierung.

Bild: iStockphoto

Warum sind die Unterschiede so erheblich?

Die Verwendung des Begriffs „Automatisierung“ lässt ohne Konkretisierung keine Rückschlüsse über den Grad der Automatisierung und damit dem erreichten Mehrwert zu. So ist es durchaus korrekt, wenn ein Anbieter bei der automatisierten Zusammenfassung von Aufträgen aus einem PLZ-Gebiet von automatisierter Tourenoptimierung redet. Der Nutzen und die Kostenersparnis ist aber grundlegend anderes als die durch Algorithmen berechnete sekunden­schnelle Verteilung des gesamten Auftragspools auf einen Fahrzeugpool.

Die Herausforderung für Einkäufer und Entscheider ist somit das Wissen um den eigenen — in die Zukunft gerichteten — Bedarf und das Erkennen der benötigten Funktio­nalität bei den angebotenen TMS-Lösungen.

Arten der Automatisierungen

Um die Qualitätsunter­schie­de von Automa­tisier­ungsarten darzustellen, finden Sie nachfolgend eine grobe Beschreibung der heute üblicher­weise verwendeten Automatisierungen — mit Hinweisen zu wichtigen Qualitäts­merkmalen. Einen Anspruch auf Voll­ständigkeit hat diese Liste nicht. TMS-Lösungen nutzen in der Regel eine Kombination von verschie­denen Optimierungsarten.

Automatisierte Zuord­nun­gen auf Liefergebiete (über PLZ oder Polygon)

Hierzu gehören einfache Zuordnungen, wie die Zusammen­fassung von Aufträgen in geografische Liefergebiete. Dies können PLZ-basierte Gebiete oder auch „gemalte“ polygon­basierte Regionen sein. Bei PLZ-basierten Gebieten erfolgt auf Basis der ersten Stellen der PLZ eine Zuordnung in ein Liefergebiet. Bei polygon­basierten Regionen wird per einfacher mathe­matischer Formel überprüft, in welcher Region die Adresse liegt und dann entsprechend zugeordnet.

Qualitative Unterschiede in der Automatisierung über die PLZ gibt es selten, da die Zuordnung mit wenigen Datenbank­befehlen zu bewerk­stelligen ist. Wenn in der Zuordnung allerdings eine Geokodierung (Umwandlung einer Adresse in ein von Computern verwendbares Format; Geokoordinate) der Adresse erfolgt, sind jedoch starke Qualitäts­unter­schiede möglich.

Die bekannten kommerziellen Anbieter unterscheiden sich hierbei kaum. Bei der Verwendung von Open Source basierten Daten/Diensten sollten jedoch unbedingt vorher Tests im eigenen Liefergebiet gemacht werden, da die von der Community erfassten Daten in manchen Regionen unvollständig oder fehlerhaft erfasst sind. So kommt es schnell einmal zur Zuordnung einer Lieferadresse zu einem falschen Liefergebiet.

Reihenfolge­op­ti­mie­rung

Auf Basis der zuvor beschriebenen Art der Automatisierung und/oder über die manuelle Disposition hat der Disponent Aufträge zu Touren zusammen­gefasst. Diese gilt es jetzt noch in eine optimale Reihenfolge zu bringen.

In diesem Punkt sind die Qualitäts­unter­schiede der Automatisierung sehr hoch. Dabei geht es gar nicht einmal um die Routenführung. Vielmehr ist es relevant, welche Inhalte (Daten) bzw. welche Attribute berücksichtigt werden. Je weniger ein TMS davon unterstützt, um so mehr läuft der Disponent Gefahr falsche, nicht einhaltbare Touren als Ergebnis zu erhalten.

Diese Inhalte sind besonders wichtig.

  • Straßennetz (keine Luftlinie)
  • Straßenrestrik­tio­nen (Länge, Breite, Höhe, Gewichte, Gefahrgut­klasse, …)
  • Fahrzeugbezo­ge­ne Restrik­tionen (Laderampe, Stapler, …)
  • Fahrerbezo­­gene Restrikt­ionen und Sozial­vorschriften (Fähigkeiten, Lenk- und Ruhezeiten, …)
  • Öffnungszeiten (Empfänger, Depot, …)

Viele der heutigen TMS unterstützen nur einen Teil der oben genannten Punkte.

Distanzmatrix

Eine Distanzmatrix ist eine vor­be­rech­ne­te Datensammlung von Entfernungen von allen Adressen zu allen Adressen in einer Disposition. Hierbei gibt es statische Distanz­matrizen und dynamisch ermittelte Distanz­matrizen. Statische Distanz­matrizen basieren dabei meist auf PLZ 5, 3 oder sogar nur 2 Ebene und sind entsprechend ungenau. Dynamische Distanz­matrizen werden in der Regel auf Basis einer Adresse auf dem Straßennetz errechnet. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass beim Start der Lösung die relevanten Entfernungen vorgerechnet, zwischen­gespeichert und bei Bedarf ergänzt werden.

Auf Basis einer Distanzmatrix können dem Disponenten schnell und automatisiert Informationen sichtbar gemacht werden, die ihm die manuelle Bildung von Touren erleichtert. Bei PLZ-basierten Distanz­matrizen ist jedoch zu beachten, dass diese deutlich ungenauer sind als Distanz­matrizen, die auf einer Adresse beruhen.

Bei bestimmten Anwendungs­fäl­len kann eine Distanzmatrix auch durch eine sehr schnelle Routenplanung ersetzt werden. Die hierfür am Markt angebotenen Routen­planungen basieren in der Regel auf vorberech­neten Knotenpunkten in einem Straßennetz und haben keinen wesentlichen Nachteil gegenüber der adress­genauen Distanzmatrix.

Bild: iStockphoto

Tourenoptimierung mit Algorithmen

In der Königsdisziplin der automatisierten Tourenoptimierung werden Algorithmen genutzt, um die Verteilung des gesamten Auftragspools auf einen Fahrzeugpool (eigene oder fremde Fahrzeuge) nahezu voll­ständig automati­siert berechnen zu lassen. Der Disponent greift nur ein, wenn der Algorithmus etwas nicht zuordnen konnte. Im operativen Tagesgeschäft bieten diese Lösungen in den meisten Fällen die Möglichkeit, kurzfristig herein­kommende Aufträge automatisiert zu einer Tour zuzuordnen, die den neuen Auftrag (oder mehrere Aufträge) am kosten­günstig­sten übernehmen kann.

Auch in der Tourenoptimierung gibt es grobe Qualitäts­unterschiede. Diese sind zum Teil auf den verwendeten Algorithmus und/oder dessen Integration zurückzuführen. Ein weiterer wesentlicher Teil ist die Qualität der zugrunde­lie­genden Daten:

  • Datengrundlage Straßennetz: Ähnlich wie bei der Reihen­folge­opti­mierung ist es wichtig, dass eine Optimierung für LKW auch auf einem Straßennetz mit LKW-Restrik­tionen gerechnet wird. Viele Tourenoptimierungen tun dies nicht. Sie basieren auf ungenauen Distanz­matrizen, auf PKW Routings (Google Maps, Open Street Maps und Co.) oder gar Luft­linien­entfer­nungen.
  • Grundlage eigene Daten: Was der Algorithmus nicht kennt, kann er nicht berück­sichtigen. Entsprechend ist es wichtig, dass möglichst viele (besser alle) relevanten Daten im TMS vorhanden sind. Hierzu zählen Liefer­abhängig­keiten genauso wie Lenk- und Ruhezeiten.
  • Unterschiedliche Güter und unter­schied­liche Fahrzeugarten lassen sich nicht immer mit dem gleichen Algorithmus optimal berechnen. Anbieter mit mehreren Algorithmen haben hier Vorteile.

Die beste Lösung für Sie

Die beste Lösung ist die Lösung, die Ihren auf die Zukunft gerichtete Bedarf erfüllt. Unternehmen mit wenigen Fahrzeugen oder wenigen verplanten Aufträgen haben einen ganz anderen Bedarf als Unternehmen mit vielen Fahr­zeugen bzw. Auf­trägen. Je größer die Menge der verplanten Fahr­zeuge/Auf­träge jedoch ist, umso wichtiger ist der Automa­tisie­rungsgrad einer Lösung, da dieser einen erheblichen Anteil bei Kosten­einsparung und Zeitgewinn bieten. Wichtig ist daher zunächst einmal, dass Sie wissen, was Sie brauchen bzw. erreichen wollen.

Wenn einer Ihrer Bedarfe die voll­auto­mati­sierte Verplanung aller Ihrer Aufträge auf alle Ihre (oder fremde) Fahrzeuge durch einen Mausklick ist, sollten Sie ganz genau hinschauen, ob und in welcher Genauigkeit die Lösung Ihren Bedarf erfüllt.

Die allermeisten TMS-Lösungen bieten maximal eine Reihen­folge­optimie­rung mit vorher grob zusammen­gefassten Aufträgen an oder setzen auf PKW-basierter Planung auf, was im Nachgang teuer werden kann. Lösungen, die wirklich eine vollständige automatische Tourenoptimierung für LKW anbieten können, gibt es nur sehr wenige.

Und noch ein Tipp: Spielen Sie Ihre Macht als Kunde aus. Sie haben bereits eine TMS-Lösung, die aber leider keine voll­automatisierte Tourenoptimierung anbietet? Oder haben Sie eine tolle TMS-Lösung gefunden, die Ihren gesamten Prozess unterstützen kann, nur hat diese leider keine voll­automatisierte Tourenoptimierung? Meistens kennen sich die Anbieter unter­einander. Nutzen Sie dies und bringen Sie Ihre Wunsch­anbieter zusammen. Gemeinsam können diese Ihnen wahrscheinlich die für Sie beste Lösung anbieten.